Statement von Karin DiGia

Wir hoffen sehr, dass wir durch die Ausstellung "A House for a Home" unsere Arbeit in Bosnien weiterführen können.

Ich war vor ein paar Wochen in Tuzla, um dort Prof. Dr. Jochen Hoyer mit Ärzten bekannt zu machen und ihn für ein Transplantationsprogramm zu gewinnen. Ich bin sehr stolz, dass Prof. Hoyer sofort seine Zusage gegeben hat.

Die Reise nach Tuzla ist lang und man hat viel Zeit zum Nachdenken. Meistens bin Ich damit beschäftigt wie ich meine Zeit am besten aufteile. Doch bei Jeder Reise kommen die Erinnerungen an frühere Fahrten während des Krieges. Zu dieser Zeit gab es nicht diese schnellen Strassen durch Kroatien, wir fuhren durch die Berge des schönen früheren Jugoslawiens. Es war atemberaubend auf die kleinen Dörfer zu blicken und den smaragdgrünen Save Fluß zu sehen. Als wir näher an die Dörfer herankamen, die wie in einem Märchenbuch dort standen, sahen wir die ausgebrannten, zerstörten Hauser und das Grauen der Situation lag wie ein schwerer Stein auf unserer Seele. Wir kannten die Geschichten der Flüchtlinge und versuchten uns vorzustellen, wie sie mit ihren Kindern in die Wälder flohen und viele von ihnen durch Minen verletzt und getötet wurden. Die Angst; die Hilflosigkeit, die schweren Verletzungen, die Vergewaltigungen und die brennenden Dörfer. Wie viele Tote liegen in dem Fluß?

Viele dieser Flüchtlinge kamen nach Tuzla, eine multi-ethische Stadt, die sich trotz des grossen Flüchtlingsstroms dank ihres Bürgermeisters Selim Beslagic nicht verändert hat Selim Beslagic, international geliebt und geachtet hat seine Stadt gerettet und erhalten. Er Ist ein wahrer Kriegsheld.

Ich sehe auf jeder Tour, dass gebaut wird und sich vieles zum Besseren verändert hat Aber ich sehe auch die Not und die Hoffnungslosigkeit die Verzweiflung und auch die schwere Frage, wie man wieder anfangen soll. Wir trafen uns mit Freunden und ich fragte Mirza, wie es mit den Landminen aussieht Er erklärte uns, dass es 125 Jahre dauern wird, bis Bosnien frei davon ist, es werden täglich Menschen verletzt Weiter fragten wir, wie es mit den Häusern ist die wieder aufgebaut werden. Mirza machte auf seiner Serviette eine Zeichnung: Die Minen werden 30 qm um ein Haus herum geräumt. Weiß ein Kind, wo 30 qm enden?

In der Nähe von Tuzla wird ein Massengrab gefunden. Die 240 verwesenden Leichen werden in Tuzla deponiert. 80 von ihnen liegen auf einem Parkplatz. Die Familien, meist junge Frauen gehen herum in der Hoffnung, einen geliebten Menschen zu erkennen. Der Geruch ist unerträglich und verfolgt uns für Tage, die Bilder werde ich für den Rest meines Lebens nicht vergessen. Selbst wenn jemand identifiziert wird, hat keiner das Geld, seine Angehörigen zu begraben.

Wir fahren nach Sarajewo, auch dort ist viel gebaut worden, doch an der Front und Sarajewo war fest nur Front stehen die zerstörten Häuser noch, in einigen leben Menschen. Ich will fotografieren, aber unser Begleiter ruft, nicht dorthin, da sind Minen, in unser Büro kommen ältere Menschen, in der Hoffnung, etwas zu finden, das sie warmhält Die Frage, wann kommt der nächste Konvoi. Frauen mit Kindern, oft nicht ihre eigenen, fragen, ob jemand Patenschaften übernehmen kann. Eine Mutter braucht Medikamente für ihr Kind, sind sie teuer und schwer zu bekommen, können wir helfen. Zwei Nierenkranke lernen Prof. Dr. Hoyer kennen. Sie glauben nicht so ganz, dass ihr Gebet erhört ist dass dieser gütige Mensch gekommen ist und ihnen helfen wird. Der eine Patient arbeitet im Hotel, er sucht immer wieder die Nähe von Prof. Hoyer und er strahlt sein Leben wird wieder gut werden.

Abends verbringen wir unsere Zelt mit Freunden, Nesim, ein Künstler in Tuzla, Twiggy und Mirza, immer wieder sprechen wir über die Not die Arbeitslosigkeit wohin mit den Menschen. Ein Lichtblick: Mit der Organisation Bauern helfen Bauern haben wir zusammen ein kleines Häuschen für unsere Mina, eine Flüchtlingsfrau, die bei uns arbeitet, gebaut. Wir sehen es zum ersten mal, sie wird dort tritt ihrer Familie leben. Mina hat vier Kinder, ich denke, das Haus ist zu klein, aber sie strahlt, für sie ist es aus Gold gemacht. Wir hoffen, dass wir auch anderen Familien ein Stückchen Leben und Frieden wiedergeben können. Hand in Hand mit den Künstlern, die einen Anfang gemacht haben. Das sind meine Träume für die nächste Reise.

Karin DiGia, Hamburg, am 2. Dezember 1998



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